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„Das ehrenamtliche Engagement ist ungebrochen“

Interview mit Silke Eschweiler,
2020 Ehrenamtskoordinatorin beim SKM Rhein-Sieg-Kreis

WieSilke Eschweiler SKM Rhein-Sieg-Kreis ging es den Ehrenamtlichen im SKM Rhein-Sieg-Kreis im Jahr 2020?  

Silke Eschweiler: Es war ein Auf und Ab. Einige Ehrenamtliche haben sich zurückgezogen, aus Sorge um die eigene Gesundheit, oder weil ihr Bereich stillstand, und sich eingerichtet. Für viele ist das ehrenamtliche Engagement aber ein Fixpunkt im Leben: Denjenigen ist richtig etwas weggebrochen – gerade auch der Kontakt zu anderen Ehrenamtlichen. Viele warten nun, bis das Projekt, das ihnen am Herzen liegt, endlich wieder losgeht. 


Und wie ging es den Mitarbeiter*innen, die die Ehrenamtlichen begleiten?
 

Silke Eschweiler: Die große Herausforderung war: Wie bleibt man mit den Ehrenamtlichen in Kontakt? Der erste Lockdown kam so kurzfristig, dass niemand darauf vorbereitet war. Kaum ein*e Ehrenamtliche*r hatte je an einer Videokonferenz teilgenommen. Mit vielen hatten wir noch nie über E-Mail Kontakt. Dies hat sich geändert, die Digitalisierung hat auch im Ehrenamt Einzug gehalten. Im Frühling 2020 haben viele Ehrenamtliche erstmal Masken genäht. Wir Mitarbeitenden standen damals bei den Ehrenamtlichen vor der Haustür und haben Nähmuster übergeben. 
Auch unseren größten Engagementbereich, die Tafelarbeit, haben wir damals für etwa einen Monat eingestellt. Wir wussten schlicht nicht, wie wir diese Arbeit weiterführen können: Der Umgang mit Masken, Abstand, Plexiglas – diese Maßnahmen waren am Anfang noch nicht so gegenwärtig. Inzwischen finden ganz selbstverständlich digitale Besprechungen statt – sowohl unter den Ehrenamtlichen selbst als auch mit den fachlichen Ansprechpartner*innen.

Hat die Pandemie dem Ehrenamt geschadet? 

Silke Eschweiler: Im Gegenteil: Das ehrenamtliche Engagement ist ungebrochen! Wir haben viele Anrufe bekommen; von Menschen in Kurzarbeit oder solchen, die durch die Pandemie mehr Zeit hatten. Sie alle wollten ihr Mehr an Zeit sinnvoll nutzen, sich bei uns engagieren. Für uns war es zunächst aufgrund all der Einschränkungen nicht leicht, sinnvolle Tätigkeiten zu finden – außer Maskennähen. 

Tafel Eitorf SKM Rhein-Sieg-Kreis

Eine paradoxe Situation: Man braucht Ehrenamtliche, umwirbt sie. Dann kommen sie und man kann sie nicht einsetzen. 

Silke Eschweiler: Das war wirklich schade und schwierig für uns. Wir haben die Dauer der Pandemie unterschätzt. Hätten wir im März 2020 gewusst, dass wir uns das ganze Jahr darauf ausrichten müssen! Dann hätten wir uns von vornherein konzentrierter überlegt, wie und wo wir manches Engagement doch möglich machen können.

Immerhin konnten wir einige Jüngere, die sich bei uns gemeldet hatten, an die Tafeln vermitteln. Das war hilfreich. Da bei den Tafeln die meiste Arbeit am Vormittag anfällt, wirkten dort bisher vor allem ältere Menschen ab dem Rentenalter mit. Und diese Gruppe stand während der Pandemie natürlich nur eingeschränkt zur Verfügung.

Eine große Strategie zur Gewinnung von Ehrenamtlichen brauchen Sie beim SKM Rhein-Sieg-Kreis demnach nicht? 

Upcycling-Werkstatt SKM Rhein-Sieg-KreisSilke Eschweiler: Natürlich suchen wir teilweise gezielt nach Ehrenamtlichen mit Spezialkenntnissen oder Interessen, wie einem Führerschein oder digitalen Kompetenzen. In der Breite brauchen wir eine solche Strategie allerdings nicht: Wir sind seit 90 Jahren im Rhein-Sieg-Kreis tätig, wir sind bekannt. Für uns steht aktuell nicht im Vordergrund, neue Projekte zu entwickeln, sondern die Ehrenamtlichen weiter an uns zu binden, die sowieso schon da sind und warten, bis es wieder losgeht.  

 

 

Warum sind die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter so wichtig für den SKM?  

Silke Eschweiler: Wir Wohlfahrtsverbände übernehmen fachliche Aufgaben, sind aber alle aus dem Ehrenamt entstanden: Menschen haben sich zusammengetan, um sich für eine soziale Sache zu engagieren. Dieses bürgerschaftliche und gesellschaftliche Engagement möchten wir weiter fördern und unterstützen. Wir bieten dem Ehrenamt einen Rahmen mit Qualifizierungen und Austausch und den ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einen Hafen mit einem breiten Spektrum an Einsatzmöglichkeiten. Sie werden bei uns auf Augenhöhe wertgeschätzt, ihre Anregungen werden ernst genommen und aufgegriffen.
Was die Ehrenamtlichen bei uns sehr zu schätzen wissen: Sie haben immer einen konkreten Ansprechpartner oder eine Ansprechpartnerin, der oder die für sie da ist, sich fachlich auskennt und sie in ihrem Ehrenamt voll unterstützt.

Ehrenamt im SKM Rhein-Sieg-Kreis

Tanja Danielowski SKM Rhein-Sieg-KreisBeim SKM Rhein-Sieg-Kreis engagieren sich rund 550 Ehrenamtliche und sind knapp 90 hauptamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt. Bei den fünf Tafeln im Kreis wirken rund 250 Menschen mit. Weitere Tätigkeitsfelder für die Ehrenamtlichen sind die Flüchtlingsarbeit, die Demenzbegleitung und Tätigkeit im Sozialpsychiatrischen Zentrum, das Mitwirken im Café Luise, einem Angehörigenprojekt in der Straffälligenhilfe, dem Projekt JobJob, das arbeitslose Menschen berät, der Kleiderkammer, dem Möbellager und der Upcycling-Werkstatt Zauberwerk. Silke Eschweiler hat ihre Funktion als Ehrenamtskoordinatorin im Jahr 2021 an Tanja Danielowski übergeben.